Startseite

Barcamp Kirche und Social Media: Wer nicht dabei war, hat definitiv was verpasst!

Übers Barcamp sollst du bloggen. Davor und danach. Am 30. Oktober ging es also über die Bühne, das erste Barcamp zum Thema Kirche und Social Media in Österreich. Mit dem Pfarrzentrum Marcel Callo in Linz-Auwiesen hatten wir uns eine tolle und flexible Location ausgesucht und eine der nachhaltigen Wirkungen dieser Veranstaltungen wird sein, dass es dort jetzt für immer WLAN gibt.

Was ein Barcamp ansich ist, habe ich hier ja sowieso schon mal ausführlich erklärt. Also in Medias Res: Was ist genau inhaltlich passiert?  Mein Eindruck war, dass sich mit den Session-Angeboten der TeilnehmerInnen ein rundum rundes Programm ergeben hat. Gabi Eder-Cakl, Leiterin des Kommunikationsbüros und Co-Veranstalterin der Un-Konferenz hat es so formuliert: "Es ist phaszinierend, wie sich die Dinge bei Open Space immer wieder ineinander fügen".

Gabi Eder-Cakl war es auch, die gleich mit der ersten Session am Morgen gestartet ist und Daten und Fakten aus dem Trendmonitor "Religiöse Kommunikation 2010" präsentiert hat (Slides). Das Ergebnis aus Deutschland ist wohl auch im Großen und Ganzen auf Österreich übertragbar und durchwegs ernüchternd. Oder ermutigend: Denn klar ist, dass Kirche ihre Kommunikationskanäle mit den Menschen überdenken muß. Und: Am erfolgreichsten sind die Pfarrblätter, denn sie sind nahe, sie stiften Beziehung. Das wurde auch seitens der DiskutantInnen bestätigt.

Parallel stellten Petra Lindinger und Sebastian Rappl von der Katholischen Jugend Oberösterreich das Praxisweb der KJ vor. Schon 2008 entstanden, ist es ein schönes Best Practice Beispiel, wie kollaborative Zusammenarbeit klappen kann und damit dezentral ehren- und hauptamtliche MitarbeiterInnen bei ihrer alltäglichen Arbeit unterstützt werden. Ich war dort nicht (ja, das ist das Problem der Barcamps, da muß sich frau entscheiden, wo sie hingeht, wenn soviele spannende Dinge parallel stattfinden), doch in den Slides ist nachzulesen, dass schon 650 Einträge von praktisch einsetzbaren Methoden zur Verfügung stehen. Superb!

Ich habe ja fast ein schlechtes Gewissen, dass ich die KJ so vernachlässigt habe. Denn auch die Session von Stephan Bazalka, ehrenamtlicher Vorsitzender der Katholischen Jugend Österreich, die er via Skype mit Unterstützung von Sebastian Rappl vor Ort angeboten hat, habe ich ausgelassen. Vorgestellt wurden die KJ-Projekt Aufbauen statt Abhauen und Hallo Rom (Bericht). Beides sehr spannende Ansätze, die es meiner Meinung nach auch verdienen würden, als Best Practice Beispiele nicht nur für die Jugend, sondern auch Erwachsenenorganisationen herzuhalten. Denn da wird nicht nur von Partizipation geredet, sondern anhand aktueller Themen Menschen die Möglichkeit geboten, das was ihnen wichtig ist, auch öffentlich zu artikulieren.

Mit einem wehmütigem Blick zur KJ hatte ich mich für die Session mit Stefan Greifeneder entschieden, wo ich dann selbst etwas zur Kommunikation eingebracht habe. Stefan Greifeneder, bis Mai 2010 Webmaster der Diözese Linz und jetzt im Online-Marketing in der Privatwirtschaft tätig, ging es um Zielformulierungen für Online-Projekte. Es geht nicht nur darum irgendwas im Internet zu machen, sondern strategisch zu denken und das auch auf der Website abzubilden. Er zeichnete ein differenziertes Bild, welche Felder der Öffentlichkeitsarbeit was leisten können und betonte, dass Social Media (allen voran Facebook) eigentlich da gar nicht mehr darunter fällt, weil dort die Kommunikation und Beziehung zwischen einzelnen Menschen im Vordergrund steht. (Video mit Ausschnitten)

Toll gestärkt durch ein richtig leckeres Mittagessen zubereitet vom Team in Auwiesen, ging es in den Barcamp-Nachmittag. Bernhard Rudinger ist nicht nur Generalsekretär der Katholischen Aktion, sondern auch aktiv in der Pfarre Wartberg an der Aist. Dort betreut er gemeinsam mit einer Kollegin den Facebook Auftritt der Pfarre und lies die Barcamp-TeilnehmerInnen an seinen Erfahrungen teilhaben. Die Zusammenfassung gibt es hier.

Da war ich nicht dabei, denn wieder schwankend ging ich dann doch zur Session von Helmut Eder, Universitätsassistent für Pastoraltheologie an der Katholisch-Theologischen-Privatuniversität Linz. Das Thema Web 2.0 und Macht war einfach zu spannend (Zusammenfassung). Ich habe mir mitgenommen, nochmal stärker - bei aller Freude und Euphorie in meiner Social Media Arbeit - auf die Ausschlußmechanismen zu schauen, nicht nur die offensichtlichen ökonomischen, sondern auch die subtil wirkenden Codes. Vielleicht sind es ja auch diese Codes, die es manchen Leuten so schwierig machen, ein positives Verhältnis zu Social Media zu entwickeln - eine Frage, die Ferdinand Kaineder in die Diskussion einbrachte und über die ich sicher noch lange nachdenken werde.

In der nächsten Runde hatte ich das Vergnügen: Meine Session nannte ich "Pimp up your Internet" und es ging um die Weiterentwicklung von Facebook-Pages und die Einbindung von Social Media in Homepages (Slides).  Mein Eindruck war, dass da einige Leute erstaunt waren, wie einfach es zum Beispiel ist, ein Pfarrblatt via Issuu online zu stellen und dann in attraktiver Form in die Website einzubinden. Insofern glaube ich, dass da einige sehr brauchbare Ideen dabei waren, das haben mir auch die vielen Fragen gezeigt. Debattiert haben wir auch die Frage, wann Foto-Tagging auf Facebook, was ansich ein sehr gutes Instrument der Weiterverbreitung von Inhalten ist, ethisch verantwortlich ist und wann nicht. Zurückhaltung ist bei nicht-öffentlichen Veranstaltungen und Kindern und Jugendlichen jedenfalls geboten, auch wenn die Getaggten das Tagging selbst entfernen können.

Die andere Hälfte der Barcamp-TeilnehmerInnen machte zu diesem Zeitpunkt auf Offline. Martin Schrems, Pfarradminstrator der Pfarre Marcel Callo in Auwiesen, hatte eine Führung durch das Haus als Session angeboten, was liebend gerne angenommen wurde. Da gibts ja einiges zu entdecken: meiner Meinung nach die schönste Kirche von Linz und eine phaszinierende Taufkapelle mit fließendem Wasser. Hier gibt es ein Panorama-Foto.

Die abschließende Barcamp-Session war eine große gemeinsame Session für alle Teilnehmerinnen (endlich mal nicht entscheiden, wo ich hingehe!). Marcel Kneuer, Ferdinand Kaineder und ich hatten ähnliche Themen vorgeschlagen und darum wurden die Session gleich zu Beginn bei der Planung zusammengelegt und dafür mehr Zeit reserviert. Genannt haben wir die Session "Die politische Dimension des Web 2.0". Marcel Kneuer, aus Wien angereist und dort bei der Katholischen Aktion engagiert, stellt eine Buch von George Lakoff vor, worin es um "Politische Sprache und ihre heimliche Macht" geht. Daraus schlußfolgerte er, dass die Kirche stärker werteorientiert kommunizieren muß und dabei die Chancen des Social Webs nutzen soll (Zusammenfassung). Ich selbst brachte ein Thema ein, über das ich vor kurzem auch schon mal gebloggt habe: Was kann die Kirche für das Internet tun? Die Option für die Armen einbringen (Slides). Ferdinand Kainder, zuständig für die Koordination der Region Linz und die Citypastoral, nannte das Web 2.0 das Medium das II. Vatikanischen Konzils. Seinen Begriff der usergenerierten Kirche in diesem Zusammenhang halte ich für sehr treffend. In der anschließenden lebendigen Diskussion fokussierte Helmut Eder die TeilnehmerInnen nochmal auf die Komplexitätssteigerung: In einer pluralen Gesellschaft sind keine vorschnellen Antworten angesagt. Er erinnerte unter anderem an die Ergebnisse der Sinusstudien.

Abgeschlossen wurde das Barcamp mit einer Feedback-Runde. Die Rückmeldungen waren durchgängig positiv. So unterschiedlich die Erfahrungen der TeilnehmerInnen mit Social Media auch waren, jeder und jede hatte etwas zum Mitnehmen gefunden. Noch ist nichts klar, aber die Botschaft der TeilnehmerInnen und von uns VeranstalterInnen war eindeutig: Das Barcamp sollte eine Wiederholung finden! 

Mit all dem Inhalt hätte ich jetzt bald die Pausen vergessen. Die sind aber besonders wichtig. So ein Barcamp lebt nicht nur von einem spontanen und weitgehend hierachiefreien Programm, sondern auch davon, dass Zeit für Informelles bleibt. Leute wiedertreffen, neue Leute kennenlernen, sich nochmal im kleinen Kreis austauschen und Ideen spinnen. Das gehört unbedingt dazu. Da ergeben sich dann Aha-Erlebnisse, z.B. konkret wenns um Werbung auf Facebook geht, die nie und nimmer planbar wären. Kaffee, Weckerl, gutes Essen und Getränke unbedingt auch. Danke ans Team in Auwiesen für die gute Aufnahme!

Wir hatten es im Vorfeld geschafft, die unterschiedlichen Aufgaben beim Barcamp so gut zu verteilen, dass da jeder und jede ein gutes Stück dieses Informellen auch in den Pausen genießen konnte. Besonderer Dank gilt Katrin Sarembe-Dressler (Katholische Frauenbewegung), der wir alle die tolle Doku zu verdanken haben, Stefan Weninger (Kommunikationsbüro) für Fotografieren, Reinhard Kaspar (Katholische Männerbewegung) für die Hilfe beim Aufbau, Peter Kartaschov für den netten Gästeempfang, Maria Appenzeller (Sekretärin der Katholischen Aktion) für viel organisatorische Unterstützung und einfach allen, die dort und da was zum Gelingen der Un-Konferenz beigetragen haben, organisatorisch wie inhaltlich.  Gefreut habe ich mich auch sehr über dieTeilnehmerInnen aus Wien und Reinhard Wacker, der aus Frankfurt angereist war. Dankbar bin ich auch sehr meinen MitveranstalterInnen Gabi Eder-Cakl und Bernhard Rudinger, die sich noch nicht so ganz wissend, was da auf sie zukommt, auf die Idee eingelassen haben, ein Barcamp zu veranstalten und viel dafür getan haben, dass es so klasse wurde, wie es klasse war.

Wer nicht dabei war, hat definitiv was verpasst!
Aber Foto-Gucken geht ;-)

qBitte beachte unsere Richtlinien für Kommentare.
d

think!! » Blog Archive » Die Kirche im I

[...] gab sogar schon ein Barcamp, ja richtig gelesen. Ich hoffe es waren auch ein paar andere Konfessionen mit dabei, sonst Schande [...]
d

Social Media als Türöffner – wohin? Und für wen? | #sbsm

[...] gemeinsam mit dem Kommunikationsbüro der Diözese Linz im November 2010 auch zu einem Barcamp zum Thema Kirche und Social Media eingeladen. Das war so spannend, dass diese Veranstaltung ein Jahr später wiederholt wird. Daneben [...]