Dürfen PolitkerInnen nicht auf Urlaub fahren? Zur Neiddebatte

Vizekanzler Josef Pröll macht von 28. November bis 8. Dezember Urlaub in Mauritius. Dies hat in den Medien und bei anderen PolitikerInnen heftige Kritik ausgelöst, denn er wäre zu einer parlamentarischen Sondersitzung geladen und hat sich entschuldigen lassen.

Ich denke man/frau kann durchaus unterschiedlicher Meinung über PolitikerInnen sein und auch über das abrupte Abdrehen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Spitzelaffäre, aber irgendwie frage ich mich da, ob PolitikerInnen denn eigentlich gar kein Recht auf Urlaub haben? Natürlich kann eingewendet werden, warum er gerade jetzt weg fährt, doch diese Frage stellt sich im PolitikerInnenalltag vermutlich ständig. In unguter Erinnnerung habe ich auch noch die Diskussionen, als der damalige Bundeskanzler Alfred Gusenbauer seinen Urlaub beim Hochwasser nicht sofort auf die Stunde unterbrochen hat - als ob er die richtige Ausbildung gehabt hätte, um Dämme zu errichten oder so.

Ich wünsche mir PolitikerInnen mit Weitblick, die bereit sind Verantwortung zu übernehmen. Um das erfüllen zu können, brauchen sie genauso wie alle anderen Menschen auch einmal eine Auszeit. Jeden Sommer kann ich über die Boulevard-Presse erfahren, wer denn wo hin auf Urlaub fährt - hier wird eine Neiddebatte geführt, die eigentlich am Ziel vorbei geht.

Reden sollte man/frau aber durchaus über PolitikerInnengehälter im Vergleich zu durchschnittlichen Einkommen derer, die sie vertreten und über ein Steuersystem, dass soviele Ungerechtigkeiten zulässt. Reden kann man/frau auch darüber, welche ökologische Katastrophe ein Flug für etwas mehr als eine Woche über 1000e Kilometer ist und was für ein Vorbild das abgibt. Und vor allem über die konkreten Inhalte der Politik sollten wir reden!

Eine Auszeit vergönne ich Josef Pröll und allen anderen - unabhängig davon wie gut oder schlecht ich ihre Politik finde. So wie ich mir den PolitikerInnenalltag vorstelle, kann man/frau da nie auf Urlaub fahren, wenn man/frau drauf wartet, dass "nichts los ist" (das gilt vermutlich auch für viele andere Führungspositionen). Oder glauben wir leicht, dass PoltikerInnen "Wunderwuzzis" sind und wie Roboter funktionieren?

Es geht nicht um Neid

Sondern um Gleichberechtigung zwischen allen Menechen - warum verlangt Pröll von anderen Menschen, dass sie Roboter sind, wenn er selbst das nicht sein will? Denn genau das tut er mit der unsäglichen "Hängematte"-Debatte - er und Kaltenegger demütigen und stigmatisieren prekär lebende Menschen (immerhin 25% der Bevölkerung) in einem fort, wollen dann aber Verständnis für ihr Menschsein. Okay - aber dann auch Verständnis für das Menschsein aller Menschen. Dazu gehört, dass prekär lebende Menschen ein Recht auf Sicherheit haben, in ganz elementaren Bereichen. Sie haben ein Recht darauf zu wissen, wie sie sich Wohnen, Essen, Kleidung, Heizung, Strom etc. leisten können.
Ist natürlich auch in Abwesenheit des Finanzministers zu diskutieren, da das Bedingungslose Grundeinkommen ohnehin besser ist als die Mindestsicherung. Lässt sich mit entsprechendem politischem Willen ja auch problemlos beschliessen. während Pröll seinen wohlverdienten Urlaub geniesst.

Da hast du recht!

Liebe Alexandra,

da bin ich ganz deiner Meinung, dass da von der ÖVP und auch anderen Parteien ganz oft diese Debatte genau in der Form geführt wird, wie du sie schilderst - und dass da enormer Handlungsbedarf besteht, prekäre Lebensverhältnisse in gutes Leben zu verwandeln. Und es scheitert nicht am Geld, sondern am politischen Willen!
Ich bin für die Nivellierung nach oben: Urlaub, Auszeit, soziale Sicherheit, gutes Leben für alle - und nicht nur einige Wenige, die auf die Butterseite des Lebens gefallen sind. Ein Aspekt davon ist für mich aber auch, dass wir mit diesen Forderungen nicht weiterkommen, wenn wir uns in Urlaubsdebatten von PolitikerInnen verzetteln. Insofern an mich selbst die kritische Rückfrage: Hätte ich nicht lieber gleich einen Beitrag über "Urlaub für alle" schreiben sollen?

Liebe Grüsse, Andrea

Ist eh okay :-)

Liebe Andrea,

schon okay, ist ja der Sinn der Sache Internet, dass dann im Austausch Dinge noch ergänzt und erweitert werden. Der Unterschied, was Pröll betrifft, ist ja nicht, dass er jetzt um soundsoviele Euros nach Mauritius fliegen kann, sondern dass andere nicht einmal Urlaub in dem Sinn haben, dass sie hier in Österreich ein paar Tage ohne Sorgen verbringen. "Gerecht" wäre, wenn er dann 14 Tage wegfliegt, wenn er dafür gesorgt hat, dass in dieser Zeit auch all die, die jeden Tag Angst um ihre Existenz haben, sich zwei Wochen lang erholen können. Weil jetzt die Tage gegen Gewalt sind: viele Frauen sind mehrfach betroffen, sie müssen jeden Cent umdrehen und vor dem Tag zittern, wo sie nichts mehr haben, und sie sind als Gewaltopfer traumatisiert (das raubt zusätzlich Selbstwertgefühl und bedeutet, auch nicht jede Chance wahrnehmen zu können, die die Existenzsituation verbessern könnte - weil mehrfach niedergetretene Menschen einfach irgendwann nicht mehr können, weil ihr Körper nicht mehr kann). Das sind auch die "Langzeitschläfer" in der Hängematte von Pröll und Kaltenegger - Frauen, die selten überhaupt eine Nacht durchschlafen, die sich dann auch noch öffentlich von solch kaltherzigen Politkern demütigen lassen können.

Liebe Grüsse

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